Alte Partybilder und Kommentare in sozialen Netzwerken, die Beiträge in einem Online-Forum für ein Multiplayerrollenspiel oder der digitalisierte Artikel der lokalen Tageszeitung, in dem man als Jugendlicher bei der Kaninchenschau zitiert wurde – viele Menschen haben sofort bestimmte Inhalte im Sinn, die sie heutzutage vielleicht lieber nicht mehr im World Wide Web sehen wollen. „Das Internet vergisst nichts“, heißt es dann oft, wenn wieder einmal Relikte aus der Vergangenheit ans Tageslicht kommen. Teilweise mit ernsten Konsequenzen.

2019 hätte US-Schauspieler Kevin Hart die Oscar-Zeremonie moderieren sollen. Doch kurz nach der Bekanntgabe war er den Job schon wieder los. Zum Verhängnis wurden ihm damals acht Jahre alte homophobe Tweets. 2021 entbrannte in Deutschland eine Debatte um die Journalistin Nemi El-Hassan, die als das neue Gesicht des Wissenschaftsmagazins „Quarks“ vorgesehen war. Dazu kam es nicht, weil ihre Teilnahme am al-Quds-Marsch 2014 in Berlin durch Fotos aus rechten Foren und einem daraus folgenden „Bild“-Bericht einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Man könnte also sagen, dass vor allem bei Personen mit einer gewissen medialen Aufmerksamkeit oft genauer hingeschaut wird.

4 Faktoren, die das Gedächtnis des Internets beeinflussen

Doch der Ruf des Internets als alles speichernde und abrufbereit zur Verfügung stellende Instanz hat auch klare Risse. Mindestens vier davon kann man konkret benennen. Den Anfang macht die eigentliche Struktur des Internets. Denn das Netz ist vor allem eins: Ein Sammelsurium an Diensten, Plattformen und Angeboten – die beständig kommen und gehen und, besonders wichtig, eigenständig und dezentral handeln. Ehemalige Nutzer:innen der VZ-Netzwerke kommen dort heute ebenso wenig an ihre alten Profilinformationen wie bei MySpace oder all den anderen sozialen Medien auf dem Internetfriedhof.

Zweitens ist die technische Komponente zu erwähnen: Websites können zwar ein Millionen-Publikum erreichen, sind aber alles andere als hundertprozentig störungsfrei und sicher. Einer der größten bekannten Hackerangriffe betraf 2011 die Online-Community von Sonys Spielekonsole PlayStation. Das PlayStation Network war in der Folge für 23 Tage deaktiviert. Auch Ransomware-Angriffe, bei denen Angreifende Nutzer:innen von ihrem eigenen System aussperren und anschließend Lösegeldforderungen stellen, haben in den letzten Jahren zugenommen. Betroffen sind von Firmen über Krankenhäuser bis zu Bildungseinrichtungen so gut wie alle Stellen.

Auch im Netz bedeutsam: Die Fehlerquelle Mensch

Doch selbst ohne kriminelle Energie oder störanfällige Hard- und Software (zu zweifelhafter Berühmtheit gelangte ein Windows-10-Update) bleibt immer noch der Faktor Mensch. Oft gehen Daten unbeabsichtigt verloren: Davon kann unter anderem die Thüringer Landesverwaltung ein Liedchen singen, nachdem 1.800 Dokumente versehentlich gelöscht wurden.

Zu guter Letzt gibt es die juristische Perspektive. Das „Recht auf Vergessenwerden“ ist in der Datenschutzgrundverordnung verankert und wird durch die Prinzipien der Datensparsamkeit und Datenvermeidung noch verstärkt. Der „digitale Radiergummi“ dient dazu, persönliche Informationen nicht dauerhaft zur Verfügung zu stellen. In der Praxis müssen Suchmaschinenbetreibende nach einem BGH-Urteil zumindest Artikel aus den Suchergebnissen löschen, die offensichtlich falsch sind.

Fazit? Das Internet vergisst manchmal

Das Internet ist durchaus in der Lage zu vergessen. Nur verlassen sollte man sich darauf nicht. In gewisser Weise ähnelt das Netz mehr einem Ozean: Ein riesiges Meer an Informationen, bei denen viele in den Untiefen verschwinden. Trotzdem weiß man nie, was nach einem (Shit-)Sturm vielleicht doch hochgespült wird.

Tipps für den eigenen digitalen Fußabdruck

  • geteilte Inhalte in sozialen Netzwerken regelmäßig prüfen und ggf. löschen
  • festlegen, wer Posts und Bilder sehen kann („öffentlich“ oder „enge Freunde“?)
  • nicht mehr genutzte Konten dauerhaft löschen lassen
  • sich selbst regelmäßig in Suchmaschinen recherchieren
  • nur die nötigsten persönlichen Informationen in Nutzerprofilen hinterlegen
  • wo es Sinn ergibt: mit Pseudonymen statt Klarnamen arbeiten
Weniger ist mehr? Wenn’s um deine Daten geht, auf jeden Fall. Erfahre, wie du sensible Daten schützt und lass dir dein Wissen direkt beim Digitalführerschein zertifizieren!