Darf mein 12-jähriger Sohn eigentlich Fortnite spielen? Sollte ich meiner 14-jährigen Tochter verbieten, bei TikTok so viele Tanzvideos hochzuladen? Was kann ich tun, damit meine Kinder bei Instagram nicht von fremden Erwachsenen belästigt werden? Wie viel Zeit sollten meine Kinder am Smartphone verbringen?

Viele Eltern zerbrechen sich jeden Tag den Kopf über solche und viele weitere Fragen. Leider finden sie selten Antworten, sodass ein Gefühl der Ohnmacht und der Unsicherheit übrig bleibt.

Dieser Artikel gibt Eltern einen praktischen und alltagstauglichen Überblick, über die wichtigsten Gefahren und Risiken für Kinder und Jugendliche im Netz. Er zeigt ihnen auf, dass unüberlegte Internet- oder Smartphone-Verbote keine Lösung sind.

Vielmehr müssen Kinder und Jugendliche mit zunehmenden Alter datenfit gemacht werden. Je besser sie digital aufgeklärt sind, umso sicherer und selbstbewusster sind sie im Netz unterwegs.

Welche Gefahren gibt es für Kinder und Jugendliche im Netz?

Was sagen Studien?
  • 47% der Jugendlichen ab 12 Jahren haben laut JIM-Studie 2021 bereits persönliche Beleidigungen, 58% sogar Hassbotschaften gegen marginalisierte Gruppen gesehen. In der gleichen Studie sagten 56% der befragten 12-21jährigen aus, schon einmal extreme politische Ansichten gesehen zu haben.
  • Eine Studie im Auftrag der Universität Leipzig zeigt, dass besonders jüngere Menschen, die sogenannte „Generation Z“ mit 37% sehr häufig von Anfeindungen und Hassrede im Netz betroffen sind.
  • Die Studie „Kinder und Jugendliche als Opfer von Cybergrooming“ der Landesanstalt für Medien NRW von 2021 kommt zu dem Ergebnis, dass 24% der befragten Kinder ab 8 Jahren bereits von Erwachsenen im Netz sexuell belästigt wurden.
  • Laut einer DAK-Studie aus dem Jahr 2021 sind 4,1 % der 10-17-Jährigen abhängig von Computerspielen. Ein Grund: Fehlende Regeln im Elternhaus.
  • 79 Prozent der Eltern in Deutschland vereinbaren mit ihren Kindern Regeln für In-App-Käufe bei Spielen. 62% der Befragten gaben an, gar kein Geld für In-App-Käufe zu verausgaben, 22% unter 10 Euro, 9% unter 50 Euro und bei 1,7% sind es mehr als 50 Euro pro Monat. Das geht aus einer Umfrage des Kölner Marktforschungsinstituts respondi hervor, die im Auftrag der USK durchgeführt wurde.
  • Cybermobbing und Hate Speech: Im Vergleich zum Mobbing auf dem Schulhof, ist der Hass im Netz weltweit und dauerhaft sichtbar. Das führt häufig bei Kindern und Jugendlichen zu Ohnmachtsgefühlen, gar zu psychischen Krankheiten.
  • Cybergrooming und Cyberstalking: Cybergrooming bezeichnet das gezielte Ansprechen von Kindern und Jugendlichen in Spielen, sozialen Netzwerken oder Messengern zur Anbahnung sexueller Kontakte.  Häufig geht Cybergrooming mit Cyberstalking einher: Insbesondere Pädosexuelle verfolgen alle Aktivitäten junger Menschen im Netz auf Schritt und Tritt. Mit genug Informationen zu Aufenthaltsorten, die die jungen Menschen über sich preisgeben, verfolgen sie ihre Opfer wochen- oder monatelang letztlich auch im realen Leben.
  • Politische Beeinflussung: Sind Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken unterwegs, können sie auf Fake News, Verschwörungstheorien oder Werbung für extremistische Vereinigungen stoßen.
  • Suchtverhalten: Kinder und Jugendliche kennen häufig ihre Grenzen beim Chatten oder Spielen nicht. Vernachlässigen sie Freunde im realen Leben, kommt das Familienleben oder die Schule zu kurz. Zeigen sie sich gar gereizt, wenn sie nach Stunden eine kleine Pause einlegen sollen, kann sich ein Suchtverhalten ausgebildet haben.
  • In-App-Käufe: Kinder werden bei Spielen am Handy nicht selten mit Zahlungsaufforderungen konfrontiert: So ist der Kauf virtueller Gegenstände („Items“) sehr verlockend, sie steigern den Spielerfolg. Der Kauf der Pro-Version verspricht ein Stopp der nervigen Werbeeinblendungen. Hier spricht man von „In-App“- bzw. von „In-Games-Käufen“. Hinterlegen Eltern ihre Bank- oder Kreditkarteninformationen in den Stores, können ihre Kinder ungehindert Geld ausgeben, bis das Konto leer ist.

Was können Eltern tun, um Gefahren und Risiken für Kinder im Netz zu minimieren?

DiFü-News rät Eltern zu folgenden Vorsichtsmaßnahmen:

  • Klären Sie Ihre Kinder auf: Sprechen Sie altersgerecht mit Ihren Kindern über die Gefahren im Netz, genauso wie Sie mit ihnen über die Gefahren im Straßenverkehr sprechen. Machen Sie ihnen aber keine Angst, sondern geben Sie ihnen die Tipps für mehr Sicherheit weiter, die wir Ihnen hier vorschlagen. Ermuntern Sie Ihre Kinder, über Erlebnisse im Netz zu sprechen und insbesondere dann, wenn sie sich ängstlich oder unwohl fühlen, sofort auf Sie oder auf Vertrauenspersonen, zum Beispiel auf Lehrkräfte, zuzugehen.
  • Datensparsamkeit: Geben Sie ihnen wichtige Regeln mit auf den Weg, zum Beispiel: Persönliche Daten im Netz, wie Vor- und Nachnamen, Adresse, Telefonnummer nicht teilen. Zu den persönlichen Daten gehören auch Fotos und Videos vom Haus oder von der Straße, in der man wohnt oder von der Schule, in die Ihre Kinder gehen.
  • Vorsicht bei der Veröffentlichung von Selfies: Selbstporträts bei Instagram, sogenannte „Selfies“, sind bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt. Klären Sie Ihre Kinder auf, dass diese Bilder missbraucht werden können, wenn sie öffentlich für die ganze Welt sichtbar gepostet werden. Stellen Sie den Account Ihrer Kinder auf „privat“ und raten Sie Ihren Kindern, lediglich Freunde, die man persönlich kennt und vertraut, in die Kontaktliste hinzuzufügen. Zu überlegen ist auch, ob Selfies dauerhaft verfügbar sein müssen. Nach einigen Wochen können sie auch wieder vom Account gelöscht werden.
  • Blockieren statt Diskutieren: Kommen Ihre Kinder im Netz in Kontakt mit Personen, bei denen sie sich unwohl fühlen, die ihnen Angst machen, die mit ihnen Streit anfangen oder die sie sexuell belästigen, so raten Sie ihnen, die Personen zu blockieren und den sozialen Netzwerken zu melden. Zeigen Sie Ihren Kindern, wie das geht. Machen Sie Ihren Kindern klar: Es bringt nichts, zu diskutieren. Streit, Hass und Mobbing wird so nur verschärft. Je intensiver die Kinder mit Pädosexuellen sprechen, umso höher ist die Gefahr, dass sie von ihnen geschickt manipuliert werden und schließlich ihre privaten Daten weitergeben.
  • In-App-Käufe regulieren: DiFü-News empfiehlt Eltern, keine Bank- oder Kreditkartendaten in den App-Stores zu hinterlegen, so laufen Kaufversuche ins Leere. Denkbar ist der Kauf von Prepaid-Karten, zum Beispiel sogenannter „PaySafe-Karten“. Auf diese Weise behält man Kosten im Überblick. Vorsicht ist geboten, wenn Kinder und Jugendliche dafür ihr gesamtes Taschengeld ausgeben.

Warum sollen Kinder bei all den Gefahren überhaupt im Internet sein? Kann ich es ihnen nicht einfach verbieten?

Das ist nicht ratsam. Das Internet ist inzwischen ein wichtiger Teil der Lebensrealität aller Menschen geworden, so auch der Kinder und Jugendlichen. Wir leben in einer digitalen Welt. Ein Verbot würde Kinder jegliche Chancen nehmen, sicher und souverän im Netz dabei zu sein.

Laut der UN-Kinderrechtskonvention haben alle Menschen bis 18 Jahren ein Recht auf Informationsfreiheit, auf Meinungsfreiheit und ein Recht auf eine zeitgemäße Freizeitgestaltung. Außerdem haben sie ein Recht auf Bildung. Und dazu gehört im 21. Jahrhundert ein Recht auf Medienerziehung. Gleichwohl haben sie auch ein Recht auf Schutz, Gewaltfreiheit und Privatsphäre.

Es gilt, Freiheits- und Schutzrechte von Kindern in Einklang zu bringen. Einseitige Verbote bringen hier genauso wenig wie eine Laissez-Faire-Haltung.

Ab welchem Alter sollten Kinder ins Internet gehen dürfen?

Wo surfen Kinder sicher?
  • Erlauben Sie Kindern im Grundschulalter gezielt den Besuch von Webseiten, die speziell für sie konzipiert sind und einen geschützten Surfraum bieten, zum Lernen oder um Spaß haben.
  • Empfehlenswerte Kindersuchmaschinen sind zum Beispiel fragFinn.de oder BlindeKuh. Statt auf Wikipedia können Kinder auch im Klexikon für Referate in der Schule recherchieren, oder beim Internet-ABC.
  • Versuchen Sie, Ihre Kinder auch für Lernspiele zu begeistern, wie zum Beispiel ANTON oder Fuchs im Netz. Bei Anton können Kinder spielerisch ihr Grundschulwissen auffrischen, so sparen Sie sich die Kosten für die Nachhilfe. Bei Fuchs im Netz verfolgen Kinder den kleinen Fuchs „Finn“ bei seiner Reise durch das Weltall. Dabei lernen sie viel über Passwortsicherheit oder Cybermobbing. So machen Sie den Nachwuchs spielerisch datenfit.
  • Kleinkinder bis 4 Jahre sollten, da sind sich viele Medienpädagog:innen einig, nur wenige Minuten vor dem Bildschirm verbringen. Lassen Sie das Kind vielleicht ein paar Bilder wischen, zum Beispiel Tierfotos.
  • Im Vorschulalter können kleinere Lernapps Kindern helfen, sich auf die Schule vorzubereiten. Sicherlich ist es auch nicht verkehrt, die „Sendung mit der Maus“ in der Mediathek zu schauen.
  • Im Grundschulalter werden vor allem Spiele interessant. Hier ist es wichtig, Bildschirmzeiten zu vereinbaren, um Suchtverhalten vorzubeugen. Bleiben Sie hier flexibel, an Ferientagen kann das Kind sicher auch mal länger spielen, als an Schultagen. Darüber hinaus surfen Kinder in dem Alter gerne im Internet, auch um für die Schule kleinere Themen zu recherchieren. Es bietet sich an, Kindersuchmaschinen zu nutzen.
  • Ab 12 Jahren, spätestens mit 14 Jahren, werden Messenger wie WhatsApp und Bilder, Streaming- und Videoportale wie YouTube, TikTok, Snapchat oder Twitch interessant. Spätestens jetzt sollten Sie Ihr Kind auf die Gefahren im Netz aufmerksam machen und die oben genannten Vorsichtsmaßnahmen mit Ihren Kindern zu Hause besprechen. Bedenken Sie, dass die Nutzung von WhatsApp und der genannten Video- und Streamingportale erst ab 13 Jahren erlaubt ist, unter Aufsicht der Eltern- was nicht heißt, dass Sie die ganze Zeit dabei sitzen müssen. Es ist aber schon ratsam, dass Sie einen Überblick darüber bekommen, was Kinder sich im Kinderzimmer anschauen und wie viel es von sich im Netz preisgibt, sodass Sie jederzeit eingreifen können.

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