Models, die auf Knopfdruck ihre Größe, Hautfarbe und Kleidung wechseln – das ist das Geschäftsmodell des Startups ZMO. Es generiert mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Fotomodels, die wie echte Menschen aussehen, aber in Wirklichkeit gar nicht existieren.

Diese Models lassen sich dann nach Belieben hinsichtlich der Größe, Gesichtsform, Haarfarbe, Körperhaltung und sogar Stimmung anpassen. Auch die Umgebung ringsum soll frei wählbar sein. Das Unternehmen dahinter will damit die Modebranche revolutionieren.

Körperform, Gesicht und Co. – Wenn es nach ZMO geht, funktioniert Mode-Shopping bald nach dem Baukasten-Prinzip. Foto: ZMO

Warum Mode-Unternehmen auf künstliche Models setzen könnten

Für Onlineshops würden sich durch diese synthetischen, also künstlich hergestellten Ganzkörpermodelle laut ZMO viele Vorteile ergeben: Sie könnten Kosten für echte Models sparen, sich blitzschnell an die stetig wandelnden Bedürfnisse der Kund:innen anpassen und für Diversität in den Online-Shops sorgen.

Die KI-Lösung soll auch Nachhaltigkeit fördern: Kleidungshersteller könnten laut ZMO-Chefin Ella Zhang ihre ganze Produktionskette verschlanken. Anstatt Modeartikel zuerst zu produzieren, um damit echte Models auszustatten, könnten Fashion-Marken künftig ihre Ware zunächst virtuell an den künstlichen Models zur Schau stellen. Kund:innen würden dann die Kleidungsstücke ausprobieren und bestellen, sodass die Produktion entsprechend der Nachfrage ausgerichtet werden könne.

Wie werden synthetische Models das Online-Shopping verändern?

Ein Großteil der ZMO-Kunden ist aktuell in China angesiedelt. Das Unternehmen hat vor kurzem allerdings eine Finanzspritze von Investoren erhalten und will nach Informationen des Tech-Magazins TechCrunch mit seinem Geschäft nun stärker ins Ausland expandieren. Es bleibt abzuwarten, ob und wann die Technik bei Modeshops hierzulande zum Einsatz kommt.

Auf den ersten Blick würde sich für Verbraucher:innen aber womöglich wenig ändern: Künstliche Modelle, wie sie ZMO in Aussicht stellt, sind für das menschliche Auge nicht von echten Menschen zu unterscheiden. Das Baukasten-Prinzip, mit dem Kund:innen Kleidungsstücke an unterschiedlichen Modellen ausprobieren, könnte das Einkaufserlebnis tatsächlich erleichtern und Kund:innen bei der Entscheidungsfindung helfen.

Allerdings ist nicht absehbar, inwiefern diese Technologie tatsächlich zu mehr Diversität in der Darstellung führen wird und auch, ob dadurch vermeintliche Schönheitsideale aufgebrochen oder reproduziert werden. Internen Erkenntnissen von Facebook zufolge, die im letzten Jahr bekannt wurden, würden insbesondere Fotos von vermeintlich perfekten Körpern auf Instagram gerade Mädchen und jungen Frauen schaden und wegen des erzeugten Erwartungsdrucks unter anderem zu Essstörungen und Depressionen führen.

Die veröffentlichten Pressebilder von ZMO zeigen bis dato lediglich junge und schlanke Models, die ein bestimmtes Schönheitsideal bedienen. Insofern gilt es zu beobachten, welche Auswirkungen diese Technologie aus kultureller und psychologischer Perspektive in der Anwendung haben wird.

Was ist GPT-3?

Bei GPT-3 handelt es sich um ein Sprachverarbeitungsmodell. Es wird von der Non-Profit-Organisation OpenAI entwickelt und nutzt Deep Learning, ein Teilgebiet von maschinellem Lernen, um Texte zu erzeugen, zu verändern oder zu übersetzen – in andere Sprachen, aber beispielsweise auch in Bilder.

Bei der Generierung von künstlichen Modellen mittels KI ist für ZMO aber noch nicht Schluss. Das Unternehmen will die virtuellen Modelle mit der sogenannten GPT-3-Technik in ihrer Sprachfähigkeit so weit bringen, dass sie beispielsweise auch zu Werbezwecken in Social-Media-Videos eingesetzt werden können.

 

Verbraucher:innen würde es dann zunehmend schwerfallen, zu beurteilen, ob ein echter Mensch oder ein künstliches Imitat zu ihnen spricht. Debatten über die Grenzen dieser KI-Technologie gibt es bereits, sie würden dadurch weiter angeheizt. Denn täuschend echte Sprache bei KI-Models dient nicht nur der Modebranche. Mit der Technologie lassen sich auch mutwillig mediale Inhalte wie Texte, Audiodateien und Videos manipulieren, um beispielsweise Politker:innen vermeintliche Aussagen in den Mund zu legen, die sie gar nicht getätigt haben. Die Rede ist dann von sogenannten „Deep Fakes“.

Deep Fakes in der Popkultur

Ein Beispiel für den Stand dieser Technologie ist das Musikvideo „The Heart Pt.5“ des Rappers Kendrick Lamar, in dem er mittels Deep-Fake-Technologie die Gesichtszüge Schwarzer US-Prominenter annimmt, darunter der Schauspieler Will Smith, der Musiker Kanye West und der Basketballstar Kobe Bryant. 

Ein populäres und humoristisches Beispiel für einen „Deep Fake“ aus Deutschland hatte es im Zuge der letzten Bundestagswahl gegeben. Ein Twitter-User hatte ein Bild der führenden Köpfe von den Grünen und der FPD so manipuliert, dass der Eindruck entsteht, die Politker:innen würden zu dem Song „We are Family“ singen:

Was hier noch lustig anmutet, gibt einen Ausblick darauf, wie Künstliche Intelligenz auch im Gebiet des Social Engineering (soziale Manipulation) eingesetzt werden könnte, um Menschen bewusst zu täuschen und die Meinungsbildung zu erschweren.

In der DiFü-Lernzentrale lernen, was Social Engineering ist und wie man sich dagegen schützen kann!